Bayer Leverkusen – FC Bayern München 2:0 (0:0)

Steffen Trenner 02.05.2015

Falls ihr es verpasst habt:

Guardiola nutzte die Gelegenheit, um Spielern wie Boateng, Thiago, Bernat und Müller eine Pause zu ermöglichen und rotierte im Rahmen der verbliebenen Möglichkeiten ordentlich durch. Javi Martínez, der in der Vorwoche bereits auf der Bank saß, gab nach monatelanger Pause sein Comeback. Amateure-Leistungsträger Rico Strieder feierte auf ungewohnter Position als Linksverteidiger sein Profi-Debüt. Claudio Pizarro kam zu seinem ersten Startelf-Einsatz seit dem 4. Spieltag. Gaudino durfte erneut neben Schweinsteiger und Lahm ran.

Die Leverkusener, die noch um die direkte Qualifikation für die Champions League kämpfen, mussten auf Lars Bender verzichten. Julian Brandt begann zudem etwas überraschend auf der Bank. Leverkusen versuchte den Gästen mit hohem Pressing von Beginn an den Schneid abzukaufen. Die Münchner ließen sich davon nur bedingt beeindrucken, spielten jedoch deutlich mehr Fehlpässe als gewohnt und befreiten sich mehrfach nur mit Mühe oder langen Bällen. Leverkusen machte es bis zum Strafraum sehr ordentlich, prallte dann jedoch an der vielbeinigen Münchner Defensive ab. Die etwas besseren Chancen hatten deshalb in der ersten Hälfte die Gäste in Person von Götze in der 6. Minute und vor allem in der 27. Minute als er Leno umkurvte und nur am hineingrätschenden Jedvaj scheiterte. Kießling stand zuvor bei einem Kopfballtreffer wohl minimal im Abseits (10.). 17 Fouls der Leverkusener in der ersten Halbzeit bedeuteten einen Liga-Rekord.

Ohne Wechsel ging es in die zweite Halbzeit. Die erste große Chance hatten erneut die Münchner, als Pizarro nach einem Haken plötzlich frei vor Leno auftauchte und schließlich am Schlussmann scheiterte. Auf der Gegenseite beging Javi Martínez ein ziemlich unnötiges Foul in der Nähe des Strafraums. Den fälligen Freistoß verwandelte Calhanoglou direkt zur 1:0-Führung ins Netz (55.). Guardiola regierte kurz danach und brachte Benatia und Thiago für Martínez und Lahm. Erneut hatte Götze die große Chance auf dem Fuß, als er einen vom eingewechselten Görtler erkämpften Ball frei vor Leno nicht am Torwart vorbei bekam (76.). Leverkusen drängte danach aber gegen müde werdende Münchner mit Nachdruck auf die Entscheidung und verdiente sich den Sieg vor allem durch die starke Schlusshalbestunde. Der eingewechselte Brandt machte den Deckel drauf, als er einen herrlichen Konter über Bellarabi zum 2:0 abschloss.

Dem FC Bayern bleiben auch so 14 Punkte Vorsprung auf Wolfsburg bei noch drei ausstehenden Partien.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Die Lehren für Barcelona

Wer sich ein wenig mit der Rotationsarithmetik von Pep Guardiola beschäftigt hat, weiß, dass für das Rückspiel gegen Barcelona mindestens 9 der 11 Plätze verteilt sein könnten. Boateng, Benatia, Bernat, Thiago, Xabi Alonso und Müller, die alle gegen Leverkusen pausierten, dürften nämlich genauso gesetzt sein wie Neuer, Lahm und Rafinha die gegen Leverkusen von Beginn an ran mussten. Von den verbliebenen acht Spielern in der Startelf gegen Bayer kämpften vor allem Martínez, Dante, Weiser, Schweinsteiger und Götze, um die beiden (je nachdem ob Lewandowski spielen kann) verbliebenen Planstellen gegen Barca. Sebastian Rode, der aus bisher nicht bekannten Gründen gegen Leverkusen fehlte, gehört sicher ebenfalls in diese Reihe.

So richtig restlos überzeugen konnte von ihnen niemand. Am ehesten konnten sich der gegen Dortmund starke Mitchell Weiser und auch Mario Götze einen etwas dickeren Pluspunkt erarbeiten. Götze tauchte immer noch viel zu häufig und lange ab, um seine Formkrise als beendet anzusehen. Trotzdem war er an jeder gefährlichen Bayern-Szene irgendwie beteiligt, schoss drei Mal aufs Tor, bereitete zwei Torschüsse vor und zeigte sich erstmals seit Wochen auch im Dribbling verbessert (7 erfolgreiche Dribblings). Obendrein gewann er die meisten Zweikämpfe aller Bayern-Spieler (18).  Dass er zwei Riesenchancen ziemlich kläglich liegen ließ, passte vielleicht ins Bild, doch immerhin erarbeitete er sich anders als in den vergangenen Wochen überhaupt gefährliche Torszenen. Insofern ist das Leverkusen-Spiel für Götze trotzdem als leichter Aufwärtstrend zu bewerten.

Schweinsteiger, der zuletzt gegen Hertha und auch gegen Dortmund durchaus starke Form bewies, war dieses Mal etwas unauffälliger. Bei ihm stellt sich aktuell die Frage auf welcher Position Guardiola ihn sieht. Auch gegen Leverkusen spielte er leicht vorgeschoben und nicht auf der 6, die sicher seine beste Position ist. Schweinsteiger konnte sich gegen Leverkusen trotz hoher Pass- und Zweikampfquote nicht mit Nachdruck für mehr als eine Jokerrolle gegen Barcelona empfehlen. Gemeinsam mit Lahm kam er nicht einmal auf 100 Ballkontakte. Der Münchner Vizekapitän wirkt zur Zeit auf dem Platz genervt wie lange nicht. Trotzdem könnte ihm in den Spielen gegen Barcelona eine wichtige Rolle zukommen. Egal ob als torgefährlicher Joker oder in der Startelf. Dante bleibt trotz 70 Prozent gewonnener Zweikämpfe gegen Leverkusen wohl nur ein Job als Rotationsspieler. Gleiches gilt für Gaudino, der zwar zwei Chancen einleitete, aber mit nur 74 Prozent Passquote und erneut unterdurchschnittlicher Defensivleistung noch Arbeit vor sich hat.

2. Martínez mit Licht und Schatten

Javí Martínez ist nach seiner schweren Knieverletzung zurück. Allein das ist zunächst einmal eine gute Nachricht und könnte dem FC Bayern im Saisonendspurt eine zusätzliche Option bieten. Martínez brauchte etwa 20 Minuten, um in die Partie zu finden und wühlte sich trotz der ihm anzumerkenden fehlenden Sicherheit wie gewohnt in Zweikämpfe und direkte Duelle. Als Innenverteidiger in einer Viererkette ging der Spanier mehrfach hohes Risiko indem er aus der Kette rückte und ins Tackling ging, anstatt gestaffelt zu sichern wie es in Regel praktiziert wird. Insgesamt machte er dabei gerade im Anbetracht der langen Verletzungspause eine ordentliche Figur. 65 Prozent gewonnene Zweikämpfe und 87 Prozent Passquote waren gut – trotzdem war er bei der wohl spielentscheidenden Szene negativ beteiligt. Ein diskutables, aber dennoch völlig unnötiges Foul an Kießling bereitete den Weg für das 0:1 durch Calhanoglus Freistoß. Keine Fouls in Strafraumnähe wird vor dem Spiel dick und fett in jedem Scoutingbogen gestanden haben, weil Calhanoglu aktuell Freistöße schießt wie andere Elfmeter. So gab es für Martínez neben viel Licht bei seinem Comeback eben auch Schatten.

Es wird abzuwarten sein, ob der Defensivallrounder gegen Barcelona schon wieder eine Rolle spielen kann. Im Prinzip könnte er als zentraler Verteidiger einer Dreierkette das zuletzt fehlende Puzzlestück sein und gemeinsam mit Benatia und Boateng eine schwer zu knackende Hintermannschaft bilden. Die Frage bleibt, ob Einsätze in den beiden bisher wohl wichtigsten Saisonspielen ohne viel Spielpraxis zu früh kommen könnten. Gerade weil wie gegen Leverkusen nach 60-70 Minuten wohl eine Auswechslung für ihn „geopfert“ und eingeplant werden müsste. Ganz ausgeschlossen ist diese Variante aber absolut nicht.

3. Strieder zahlt Lehrgeld

Gewiss gibt es leichtere Aufgaben für einen Debütanten, als auf einer ungewohnten Position gegen einen der besten und aggressivsten Flügelstürmer der Liga anzutreten. Rico Strieder, der von unserem Amateure-Korrespondenten Jan für seine enorme Ruhe und Klarheit im zentralen Mittelfeld der Amateure sehr geschätzt wird, hatte mit Karim Bellarabi einiges zu tun auf dem linken Flügel. Nicht immer wirkte er dabei absolut auf der Höhe des Geschehens. Vor allem die Probleme mit dem hohen Pressingdruck der Hausherren war ihm anzumerken. 60% Passquote in der ersten Hälfte (70 Prozent nach 90 Minuten) sind für Bayern-Verhältnisse und gerade für einen Defensivspieler nicht gut. Trotzdem biss sich Strieder lobenswert in die Partie und riss vor allem ein enormes Laufpensum ab. 10,76 Kilometer, 33 Sprints und 82 intensive Läufe bedeuteten Spitzenplatzierungen in allen drei erhobenen Laufstatistiken. Auch seine Zweikampfquote besserte sich im Laufe der Partie auf 48 Prozent. Dass am Ende mit dem eingewechselte Brandt sein direkter Gegenspieler zur Entscheidung traf, schmälerte eine ansonsten gerade noch ordentliche aber durchaus erfrischende Leistung.

Strieder wollte sich beweisen, das war deutlich zu merken. Wenn schon nicht für den hochkarätig besetzten FC Bayern – dann zumindest für einen ambitionierten Zweitligisten. Ungefähr dort ist sein Leistungsniveau aktuell anzusiedeln. Viel mehr sollte von ihm aktuell auch nicht erwartet werden. Zumal wenn er wie am Samstag-Abend auf ungewohnter Position ins kalte Wasser geworfen wird.

3.1 Keine neuen Verletzten

Halleluja!

Bayer Leverkusen – FC Bayern München 2:0 (0:0)
Leverkusen Leno – Hilbert, Jedvaj, Toprak, Wendell – Reinartz, Rolfes – Bellarabi (90.Yurchenko), Calhanoglu (75. Brandt), Son – Kießling (75. Drmic)
FC Bayern Neuer – Rafinha, Martínez (62. Benatia), Dante, Strieder – Gaudino, Lahm (64. Thiago) – Weiser, Schweinsteiger, Götze – Pizarro (72. Görtler)
Bank Reina, Bernat, Benatia, Xabi Alonso, Thiago, Kurt
Tore  1:0 (51.) Calhanoglu, 2:0 (81.) Brandt
Karten Gelb: Rafinha, Dante, Schweinsteiger, Weiser
Zuschauer 30.201
Schiedsrichter  Christian Dingert (Lebeckmühle)