Blickpunkt Amateure: Relegation – Fußball, du…

Jan Trenner 02.06.2014
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Erik ten Hag machte im Vergleich zum Hinspiel nicht viele, aber zwei sehr entscheidende Änderungen, die einander stark beeinflussen und das Spiel der Bayern Amateure grundsätzlich verbessern. Für den verletzten Rico Strieder kam Ylli Sallahi in die Startelf. Dadurch konnte Alessandro Schöpf in der Zentrale spielen und Angelos Oikonomou übernahm den Spielaufbau vor der Abwehrreihe. Er und Schöpf funktionierten gut als Taktgeber in einem durch viele Foulspiele und dadurch entstehende Unterbrechungen durchzogenen Spiel, bei dem keine Mannschaft der anderen an Härte nachstand. Im Gegensatz zu einigen Bemerkungen von Fortuna Köln Fans in den letzten Tagen konnte man aber definitiv nicht von »Fallsucht« bei den Amateuren sprechen. Auf dem Platz schenkte man dem Gegner keinen Meter. Auf den Rängen sah das anders aus, da die mitgereisten Fortuna-Fans im mit 7.738 Personen ausverkauften Grünwalder Stadion über 90 Minuten kaum zu hören waren. Eine volle Gegengerade machte ordentlich Lautstärke. »Gemeinsam alles geben« war definitiv das Motto am Sonntagnachmittag.

Mit Sallahis Freistoßtor von einer Position knapp vor der gegnerischen Strafraumgrenze in der 20. Minute setzten die Bayern Amateure die Uhren früh auf Erfolg, aber konnten im Anschluss ihre Offensivaktionen nicht mehr konsequent ausspielen. Am Ende der ersten und zu Beginn der zweiten Halbzeit hatten sie alle Hände voll zu tun, um den gefährlicher werdenden Vorstößen – natürlich mit langen, das Mittelfeld überbrückenden Bällen – zu entgehen und ihrerseits wieder Kontrolle in die Partie zu bringen. Die Fehlpassquote nahm merklich zu und man gab erneut das Mittelfeld auf, bis man sich in den letzten 15 Minuten wieder fangen konnte und die Schlussattacke einleitete. Nach Sallahis zweitem Treffer war die Verwunderung auf den Rängen groß, denn so richtig konnte sich das Tor im Stadion kaum jemand erklären. Zu groß war die Distanz und von der gigantischen Freude braucht man wohl nicht sprechen. Jeder war gepackt von der Möglichkeit des Aufstiegs!

In der letzten Minute der Nachspielzeit dann der bereits erwähnte Schlag in die Magengrube. Ein langer Ball vor Lukas Raeders Tor, er kommt früh raus und springt hoch, um zu sichern, verschätzt sich deutlich und Fortunas Laux muss nur noch den Kopf hinhalten, um den Ball sanft über die Linie zu drücken. Gegentor, Auswärtstorregel, aus der Traum. Natürlich ist dieser letzte Fehler extrem bitter und ein Torhüter steht mit seinen Aktionen immer als Einzelperson im Fokus. An dieser Stelle soll nicht in irgendwelche wirren Spekulationen eingestiegen werden. Fakt ist aber, dass Raeder nicht die größte Strafraumbeherrschung – speziell bei hohen Bällen – an den Tag legt und das mehrfach »bewiesen« hat. Ob er nun nach der Partie völlig fertig ist oder – so war zumindest meine Beobachtung – beinahe ohne Anteilnahme nach Abpfiff über den Rasen lief, bleibt reine Spekulation. Niemand weiß was in ihm vorging und da er den Verein im Sommer verlässt, werden wir es auch nie erfahren. Bösen Willen zu unterstellen ist aber sicher waghalsig. Es bleibt jedem selbst überlassen sich ein Urteil über ihn und sein Interview nach Abpfiff zu bilden.

Am Ende bleibt da wohl nur: »Fußball, du Arschloch«.

Aber es gab auch grandiose Momente und besonders Charaktere in diesem Spiel. Dennis Chessa machte eine überragende Partie und sein Zusammenspiel mit Ylli Sallahi über die linke (Außen)bahn werden wir in Zukunft stark vermissen. Der 21-Jährige hat sich zu einem fantastischen Spieler entwickelt, der neben dem Doppeltorschützen einer der Matchwinner war. Aalen kann sich auf ihn freuen. Alessandro Schöpf hat gezeigt, dass er die Führungsrolle in einer Mannschaft übernehmen, mitreißen und schwächere Spielphasen überwinden kann. Über Tobias Schweinsteiger, den wir auch hier oft wegen Fehlern bemängelt haben, hat gezeigt was es heißt ein echter Bayernspieler zu sein. Gemeinsam mit Kevin Friesenbichler ging er jedem verlorenen Ball hinterher, zeigte über die gesamte Spieldauer absoluten Willen und kämpfte bis zum Abpfiff. Noch lange nach dem Schlusspfiff lief er alleine über den Rasen, sammelte liegen gelassen Trauerflor (zum Gedenken an einen in Köln verstorbenen Fan) auf und blickte mit Tränen in den Augen zu den Fans auf der Gegengerade. Gestern Abend veröffentlichte er über die Facebook-Seite des Club Nr. 12 einen offenen Brief an die Fans und sein Interview spricht Bände. Er wird den Bayern Amateuren zum Glück als Spieler und großer Charakter auch über seine Vertragslaufzeit bis 2015 hinaus erhalten bleiben, wie er kürzlich in einem Zeitungsinterview sagte.

Die Saison 2013/14 endet nicht mit einem Triumph, sondern mit einer der bittersten Niederlagen der jüngsten Vergangenheit. Erneut »Regionalliga Bayern statt Liga 3« heißt es auch in den kommenden Monaten. Ein schwieriger Umbruch steht an und es liegt nun am Verein und Trainer Erik ten Hag eine neue schlagkräftige Truppe aufzubauen, um bald wieder in der Aufstiegsrelegation antreten zu können. Es ist aber fraglich, ob das schon bald der Fall sein wird.

Glückwunsch an Fortuna. Fußball kann manchmal sehr ungerecht sein. Wir haben das heute am eigenen Leib erfahren. Wir haben in beiden Spielen das Ergebnis in der Schlussphase weggegeben – mehr als ärgerlich. Dennoch ein großes Kompliment an meine Jungs. Wir haben dem Druck standgehalten und sehr gut gespielt. Wir greifen in der kommenden Saison wieder an – versprochen.
Erik ten Hag bei FCBayern.de am 01.06.2014

Glückwunsch an Fortuna Köln und viel Erfolg in der nächsten Spielzeit. Wir sehen uns – hoffentlich bald – in Liga 3 wieder. Die Unterstützung der Bayern Amateure geht nach einer kurzen Sommerpause weiter. Auf den Rängen in der Hermann-Gerland-Kampfbahn und bei Auswärtsspielen genauso wie hier im Blog. Wir lieben die Amateure, ja – wir lieben sie so sehr.

Und bald greifen wir gemeinsam wieder an.

FC Bayern Amateure – SC Fortuna Köln 2:1 (1:0)
Bayern Amateure Raeder – Schmitz, Wein (90. S. Ribéry) , Vrzogic, Chessa – Schöpf, Oikonomou, Sallahi, Weihrauch (68. Rankovic) – Friesenbichler, Schweinsteiger
Bank Husic, Fischer, Scholz, Jelisic, Schwarz
Fortuna Köln Poggenborg – Sievers, Hörnig, Laux, Pazurek – Steffen (78. Kessel), Kialka (56. Aydogmus), Andersen, Zinke, Kraus – Dahmani
Bank Monath, Brill, Stojanovic, Kwame, Dubbert
Tore 1:0 Sallahi (20.), 2:0 Sallahi (88.), 2:1 Laux (90.+4)
Karten Gelb: Oikonomou, Schmitz, Wein / Dahmani, Pazurek, Steffen, Hörnig; Gelb-Rot: Andersen (79. / wiederholtes Foulspiel)
Zuschauer 7.738 (ausverkauft)
Schiedsrichter Dr. Robert Kampka (Mainz)