Letztes Ligaspiel – König Franck in Gladbach

Jan Trenner 20.05.2013

»Verrückt« und »ungewöhnlich« muss man die ersten 20 Minuten nennen. Stranzl in Minute 4 und Hanke in 5 schenkten uns zwei frühe Gegentore ein. Während eine Standardsituation das Toreschießen einleitete, erlaubte sich Dante in der 5. Minute einen krassen Fehler der dann zum zweiten Tor führte. Javi Martínez setzte sich drei Minuten später fast alleine durch und erzielte den Anschlusstreffer bevor Nordtveit nach nur zehn Spielminuten auf 3:1 erhöhte und Ribery in der 18. zum 3:2 Anschlusstreffer kam. So viel also zum verrückten Spielbeginn. Noch nie haben unsere Bayern so schnell drei Gegentreffer hinnehmen müssen. Ich saß auf meinem Sofa irgendwo gefangen zwischen Schock und Begeisterung. Begeisterung wegen dieser rasanten Partie und Verwunderung ob unserer Defensivschwächen. Derart schwerwiegende Fehler in der Rückwärtsbewegung oder dem Spielaufbau (Dante) hatten wir lange Zeit nicht mehr gesehen. Umso bewundernswerter war die Aufholjagd. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl Gladbach schickt uns mit einer hohen Niederlage nach Hause. Der Glaube an den Sieg oder zumindest ein Unentschieden war immer da und dafür sorgte die Körpersprache unserer Roten, ihr Wille und zurückkehrende Souveränität mit jeder weiteren Spielminute. Ribéry glich mit Prädikat »Weltklasse« zum 3:3 aus bevor er noch Arjen Robben zum 3:4 Endstand auflegte.

Trotz einer gewissen Euphorie um den Sieg müssen wir (mindestens) drei wichtige Lehren aus dem Spiel ziehen und uns in London wieder steigern:

  • 1. Individuelle Fehler passieren. Dante erlaubte sich eine ungewohnte Schwäche. Manuel Neuer konnte in der letzten Saison (gegen Gladbach) ein Lied davon singen. Es ist okay (bzw. zu verschmerzen), wenn sie in einem Ligaspiel passieren sobald die Saison schon entschieden ist. Im Finalspiel muss ein fehlerfreier Auftritt aller Spieler her. Dort kann so etwas nicht nur bestraft werden, sondern spielentscheidend sein. Vermutlich lag es an der fehlenden Spannung. Man feierte sich als Meister, ist sorglos nach Gladbach gefahren und spielte um die goldene Ananas. Am Samstag dann bitte wieder mit 110% Konzentration.
  • 2. Die Räume zwischen Abwehrreihe und Mittelfeld müssen klein gehalten werden um den Bewegungsspielraum des Gegners einzuschränken. Gegen sehr schnell nach Vorn spielende Mannschaften (zu denen Borussia Dortmund definitiv gehört) entstehen nicht nur Lücken sondern auch Anspielstationen. Mike Hanke spielte diese Rolle zwischen den Linien und wurde nicht nur bei seinem Treffer zur Gefahr. Mussten Martínez und Schweinsteiger im Vollspring nach Hinten decken, konnte Hanke unsere Innenverteidigung herausziehen und damit Räume schaffen. Mit etwas mehr Konsequenz hätten die Gastgeber mehr als drei Tore mit diesen Spielzügen erzielen können.
  • 3. Hohe Pässe des Gegners in seine Spitze sollten wir behaupten können. Einerseits durch unsere Kopfball- und Zweikampfsstarken Verteidiger und andererseits durch intelligentes Stellungsspiel. Zwingen wir den Gegner zu solchen Aktionen können wir Gefahr aus dem Spiel nehmen. Vorausgesetzt wir behaupten seinen Ball und spielen daraufhin unser Angriffsspiel gut in die Hälfte des Gegners. Verliert man ihn bzw. hat der Stürmer zu viel Platz entsteht sofort unnötige Gefahr. Mit Blick auf Lewandowski liegen große Aufgaben vor unseren Verteidigern. In den letzten Wochen haben sie diese aber in den meisten Fällen bravourös gelöst.

Besondere Erwähnung muss Franck Ribéry finden. Unser (Feier)könig und Dribbelkünstler hat sich nicht nur mit einem Weltklassetor belohnt, nein, er war an allen Treffern beteiligt, rannte wie ein Wahnsinniger und war der Inbegriff des Siegeswillens am letzten Spieltag. Danke Franck, du hast jeden einzelnen »Ribery Ribery Ribery« Ruf mehr als verdient. Wir spielen nicht mehr völlig von unseren Flügeln (»Robbery«) abhängig, aber sie können eine Partie immer noch allein entscheiden.

Nun können wir positiv auf das Spiel im Champions League Finale schauen. Unsere Roten haben uns in dieser Saison nie enttäuscht und waren stets kämpferisch zu Werke. Eventuell ist ein Dämpfer ab und an sogar gut. Erinnern wir uns nur an BATE Borisov, Leverkusen und das Rückspiel gegen Arsenal. Es folgte immer eine positive Reaktion. Mönchengladbach war ein Aufrütteln und nun muss Borussia Dortmund die Reaktion erleben! Am Samstag ist ganz München wieder rot. Mia san rot!