Rot-Weißes Round-Up: Breno

Felix Trenner 14.10.2014

Gehen wir chronologisch vor. Brenos Karriere begann sensationell: Nachdem er 2007 als 18-Jähriger in die Profimannschaft seines Clubs FC Sao Paulo aufgerückt war, überzeugte er in der ersten Saison alle Kritiker und verhalf dem Verein zur erneuten Meisterschaft. Von der brasilianischen Fußballzeitschrift „Placar“ wurde er mit dem silbernen Ball als bester Spieler auf seiner Position ausgezeichnet. Der Kicker nannte ihn in einem Artikel aus dem November 2007 den „besten Verteidiger, den Brasilien momentan im eigenen Land zu bieten hat“. Ein großes Lob für einen so jungen Spieler, der zu diesem Zeitpunkt noch keine 30 Profi-Spiele bestritten hat. In der Nachbetrachtung ist es natürlich ein Leichtes zu sagen: Der Fehler war, Breno zu früh zu holen. Bloß, zum damaligen Zeitpunkt war halb Europa hinter dem Talent her. Der Transfer kam schließlich im Winter 2007/08, also ein halbes Jahr nach der Verpflichtung von Ribery, Toni & Co. zustande. Sagenhafte 12,3 Millionen überwies der Rekordmeister nach Brasilien – es sollten für lange Zeit die letzten Münchner Euro sein, die ein brasilianischer Verein sah.

Klickt man sich durch Brenos Einsatzstatistik in seinen ersten zwei Jahren beim FC Bayern, sieht man viel gelb und orange. „Ohne Einsatz im Kader“, „Nicht im Kader“ oder „Verletzt“ ist der vorrangige Spielerstatus. Die meiste Aufmerksamkeit bekam er noch für einen Ausraster während der Indien-Reise. Nach zwei Jahren und 371 Einsatzminuten in der Bundesliga wechselte der Brasilianer leihweise (im Pärchen mit Andreas Ottl) zum 1. FC Nürnberg. Endlich ging es bergauf, wenn auch nur für kurze Zeit. Die ersten zwei Monate bei den Franken waren Brenos spielerisch beste Zeit in Deutschland, jäh unterbrochen von einem Kreuzbandriss. Ein tiefes Loch, in das man als junger Mann fällt – gerade richtig angekommen, dann verletzt und somit für den FCN wertlos und beim FCB chancenlos. Höchstwahrscheinlich begannen bereits in dieser Zeit seine mentalen Probleme, die sich jedoch ab Oktober, wiederum nur kurzzeitig, bessern sollten. Zwischen dem 12. und 18. Spieltag der Saison 2010/11 (unter Louis van Gaal) bestritt Breno alle Bundesligaspiele als Stammspieler. Erst eine Rotsperre und die generelle Misere in der Endphase van Gaals sorgten dafür, dass die Saison endete, wie sie begonnen hatte: Nicht auf dem Spielfeld. In der folgenden ging es genauso weiter: Meniskusverletzung, der Saisonstart war erneut gelaufen. Am 21.09.2011 schaffte Breno es trotzdem auf die Titelseiten der Tageszeitungen.

In der Nacht zuvor hatte seine Villa in Grünwald gebrannt (auf eine ausführliche Beschreibung der Tatnacht soll an dieser Stelle bewusst verzichtet werden), wilde und zum damaligen Zeitpunkt kaum vorstellbare Gerüchte schwirrten durch die Münchner Boulevarde. Von Versicherungsbetrug war die Rede, von Alkoholproblemen und von einem Selbstmordversuch, der tragisch endete. Die Mehrheit der Fans hielt es für bloße Spekulation, am Ende kam aber ans Licht: Es steckte viel Wahrheit in den Gerüchten. Nach seiner erneuten Verletzung stürzte sich der, wie seine Frau später offenbarte, schlecht integrierte und von heftigem Heimweh geplagte Breno in den Alkohol und somit ins Verderben. Ob er sein Mietshaus nun aus Selbstmord- oder aus Versicherungsbetruggründen angezündet hat, war lange Zeit nicht klar. Fest steht: Zum „Tatzeitpunkt“ war Breno komplett betrunken. Beeindruckend war die Reaktion des Vereins: Er stellte sich hinter den Spieler, schützte seine Familie, kritisierte die vielen boulevardesken Spekulationen und forderte eine lückenlose und faire Aufarbeitung der Vorfälle, nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hatte. Breno bekam in den Folgemonaten die Möglichkeit auf Heimaturlaub und hielt sich an der Säbener Straße fit, auch wenn er nicht mehr mit der Mannschaft trainerte. Besonders sorgfältig kümmerte sich Landsmann Rafinha um den jungen Kerl, er galt als sein einziger besserer Kontakt in die Mannschaft.

Am 11. April 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Breno. Während sich Stadt und Mannschaft in den kommenden Wochen auf das „Finale Dahoam“ vorbereitete, wartete der Brasilianer auf Prozess und Urteil – eine grauenvolle Situation für alle Beteiligten. Noch am Dienstag nach dem CL-Endspiel, im Kick gegen die holländische Nationalmannschaft (der Autor dieser Zeilen war im Stadion) hallte es aus der Südkurve durch die Arena: „Freiheit für Breno!“. Es sollte ein unerhörter Appell bleiben. Anfang Juli wurde Breno Vinicius Rodrigues Borges zu 3 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt, wegen schwerer Brandstiftung. Ein Urteil, das bis heute in seiner Heftigkeit umstritten ist und am Rechtssystem zweifeln lässt. Für den jungen Vater brach eine Welt zusammen, seine aktive Karriere stand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr kurz vor dem Aus, sondern war längst vorbei. Der Verein jedoch, vor allem in Person von Uli Hoeneß, kümmerte sich weiterhin: Seine Familie wurde betreut, ihm selber wurde ein Job zugesagt und jegliche Unterstützung, die von außerhalb der Gefängnismauern möglich sei. So kam es auch: Zum frühest möglichen Zeitpunkt wurde der Brasilianer Freigänger und bekam eine Stelle als Assistenz-Trainer der 2. Mannschaft beim FC Bayern. Und es geht bergauf: In einem Bild-Artikel aus dem Monat Juni 2014 wird von einem lachenden Breno berichtet, der in der Geschäftsstelle hilft und am Abend im Freigängerhaus die WM verfolgen kann. Lange gab es jedoch weitere Probleme mit dem Gutachter. Für die bayrische Justiz ist Brenos Weg zurück in die Gesellschaft durch seinen Plan, zurück nach Sao Paulo zu gehen (wo er einen gültigen Profivertrag mit dem FC geschlossen hat) nicht klar vorgezeichnet. Bis Anfang 2015 solle er noch als Freigänger in Stadelheim bleiben. Unverständlich, wie sein Anwalt berechtigt kritisiert. Seinen Sohn, der vor kurzem auf die Welt kam, habe er auch noch nicht sehen können. Zuallererst ist Breno zu wünschen, dass er bald aus dem Gefängnis herauskommt, dann, dass er wieder ein geregeltes Leben in Brasilien führen kann. Und zu guter Letzt gönnt man kaum jemandem eine Rückkehr auf den Fußballplatz so sehr wie Breno Vinicius Rodrigues Borges.

Miasanrot.de stellt regelmäßig am Dienstag und Freitag in einem Round-Up lesenswerte Texte und Fundstücke rund um den FC Bayern zusammen. Gewidmet wird jedes Round-Up einem ehemaligen Bayern-Spieler, der am jeweiligen Tag (oder kurz zuvor/danach) Geburtstag hat.

Presseschau

Landauer-Spielfilm: Am Mittwoch um 20:15 Uhr im Ersten

Erneut dürfen wir an dieser Stelle auf eines der Highlights des Jahres hinweisen: Am Mittwoch wird der Film über das Leben des legendären Präsidenten Kurt Landauer im Ersten ausgestrahlt. Wir berichteten bereits im Juli und im September ausführlich über die beiden Filmvorführungen beim Filmfest und in der Sondervorführung des C12. Vor allem in den letzten Tagen wurde das Thema, einerseits der Film an sich, andererseits aber auch diese lange unentdeckte Facette in der Historie des FC Bayern sowie die Rolle der Bayernfans, medial aufgearbeitet. In der „Süddeutschen Zeitung“ vom Freitag schaffte es die Geschichte sogar auf Seite 3, inklusive einiger Zitate eines Vertreters der Schickeria. Die Ultras wurden für ihr Bemühen um die Erinnerung an Landauer auch vom DFB mit dem „Julius-Hirsch-Preis“ ausgezeichnet. In einem ausführlichen Interview mit Schickeria-Vertreter Simon Müller erhielt die Ultra-Vereinigung die Aufmerksamkeit, die ihr für dieses beeindruckende Engagement zusteht. Dass das Thema große Wellen schlägt, zeigt die Tatsache, dass auch an der Westküste der USA berichtet wird. Die „LA Times“ widmet sich der „Jewish History“ des FC Bayern. Was für die Ohren gibt es im Deutschlandfunk.

Berichte über Sammer-Nachfolge

Krude Neuigkeiten erreichen uns aus Spanien: Laut übereinstimmenden Medienberichten will Pep Guardiola einen neuen Sportdirektor für den FC Bayern. Ramon Rodriguez Verdejo (aktuell FC Sevilla) habe sich bereits mit Pep und seinem Bruder Pere getroffen. Die „AZ“ mutmaßt, dass dies das Aus für Sammer bedeuten würde. Dessen Vertrag läuft bekanntlich aus und wurde bislang nicht verlängert. Was von den „spanischen Medienberichten“ zu halten ist? Schwierig zu sagen, aber eher eine Ente als eine Schlagzeile. Sollte hinter den Berichten ein wenig Wahrheit stecken, würde es aber eine erneut interessante Wendung in der Debatte über das zukünftige Verhältnis Guardiola/FC Bayern bringen. Sollte der Verein den Trainer erneut „enttäuschen“, würde dieser es wohl auf keinen Fall gutheißen und seinen Karriereplan (drei Jahre ein Verein) wohl weiterverfolgen. Mit einer eventuellen (und ehrlich gesagt schwer vorstellbaren) Verpflichtung von Verdejo würde sich der FCB ein weiteres kleines Stück zum „FC Guardiola“ umwandeln und wäre dann doch sehr von einer einzigen Personalie (dem Trainer) abhängig. Am Ende dürften sich die Gerüchte um Verdejo genau so schnell legen wie die um Mesut Özil, der als Wintertransfer gehandelt wird.

Allianz-Manager ersetzt offenbar Markwort

Wie das Handelsblatt berichtet, ersetzt Allianz Deutschland-Manager Marcus Rieß Focus-Chef Helmut Markwort im Aufsichtsrat der FC Bayern München AG. Die logische Konsequenz nach dem Einstieg der Versicherung als Großinvestor. Die Allianz hält 7 Prozent der Anteile am FC Bayern.

FC Bayern mit erneuten Rekorden

Die alljährlichen Meldungen über Finanzrekorde beim FC Bayern erreichen uns normalerweise erst nach der Jahrehauptversammlung – dieses Mal war der „Focus“ schneller. In einem bestätigten Bericht werden die Geschäftszahlen 2014 genannt, und die sind beeindruckend: 528 Millionen Euro Umsatz (95,2 Mio. mehr als im Vorjahr), 16,5 Millionen Euro Gewinn nach Steuern und eine Liquidität von mindestens 100 Millionen Euro. Laut „Finanzminister“ Dreesen sei dieses deutliche Plus vor allem aus gestiegenen Einnahmen aus Merchandising und Sponsoring zurückzuführen. Besonders beachtlich: Die Allianz Arena, die eigentlich erst in 15 Jahren abbezahlt sein sollte, konnte bereits komplett abgeschrieben werden. Der FC Bayern ist somit schuldenfrei und zählt zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Sportvereinen weltweit.