Vorschau 1. FC Köln: Hinten hui, vorne eher nicht.

Felix Trenner 26.09.2014

Transfers & Personal

Wie beim SC Paderborn gilt auch beim „Effzeh“: Die Kaderzusammenstellung nach einer Aufstiegssaison ist alles andere als einfach. Prinzipiell hatte man bereits ein erfolgreiches Team, das den Aufstieg geschafft hat – will man sich langfristig in der Bundesliga halten, hat man allerdings nachzulegen ohne den Etablierten das Gefühl zu geben, man setzt ihnen was besseres vor die Nase.

Diesen Mittelweg hat der 1. FC Köln auf dem Papier gut geschafft. Die zwei Topverflichtungen waren Torjäger Simon Zoller vom 1. FC Kaiserslautern für 3 Millionen, der jedoch in den ersten Wochen Probleme mit der Eingewöhnung in die Bundesliga hatte und an Anthony Ujah nicht vorbeikommt. Daneben wurde Kevin Vogt vom FC Augsburg geholt, ein gut durchdachter Transfer: Vogt ist ein mehr als solider Arbeiter auf der Sechs und ging beim FCA in die Schule von Daniel Baier. Für einen erst 22-jährigen mit der Erfahrung von 57 Bundesligaspielen 1,8 Millionen zu zahlen ist absolut fair. Eingeschlagen hat auch Yuya Osako (1,5 Mio.), der dem Chaos bei 1860 München entfloh und in den ersten Spielen gut in die Saison kam. Auch in der Breite konnten sinnvolle Verpflichtungen gemacht werden: Dusan Svento, linker Mittelfeldspieler, kam für 600k€ aus Salzburg, Slawomir Peszko wurde fest vom FC Parma verpflichtet, Mavraj (Fürth) und Olkowski (Zabrze) verstärkten die zweite Defensivreihe. Und auch bei großen Vereinen wurde geschaut: Der junge Innenverteidiger Tomas Kalas konnte vom FC Chelsea für ein Jahr geliehen werden.

Auf der Abgaben-Seite gelang es den Kölnern, das Team zusammenzuhalten, was für einen Aufsteiger alles andere als der Normalfall ist. Die unzufriedenen Chihi und Jajalo sollten ohnehin gehen. Unter dem Strich ergibt sich so eine Transferbilanz, die einmal mehr zeigt, was in Köln finanziell möglich ist: 6,5 Millionen kann nicht jeder Aufsteiger in die Mannschaft investieren.

System & Aufstellung

Das grundsätzliche System in Köln ist ein klassisches 4-2-3-1 mit zwei echten Sechsern und einem klassischen Neuner und Zehner. Lediglich gegen Paderborn und Gladbach wechselte Stöger auf ein 4-4-2, ebenfalls mit Doppelsechs. Beim Blick auf die Ergebnisse in den ersten Spielen werden sowohl Stärken als auch Schwächen schnell offensichtlich. Sicher, nur ein Gegentor steht für die durchgängig sehr starke Defensivarbeit, die verrichtet wird. Auf der anderen Seite stehen die zwei geschossenen Tore für die zweitschwächste Offensive der Liga. Es fehlt vor allem an den Torchancen, nur 43 Torschüsse gaben die Kölner bisher ab (FCB: 89). Zu wenig Kreativität über die offensive Dreierreihe und zu wenig Durchschlagskraft in der Spitze sind die Gründe für die Offensivmisere. Rekapituliert man, wird auch klar, dass die beiden Saisontore beim 2:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart aus zwei krassen individuellen Fehlern der schwäbischen Innenverteidiger Schwaab und Rüdiger entstanden sind. Erschreckend.

Erschreckend gut macht sich währenddessen die Defensive. Angefangen bei Torwart Timo Horn, der bereits einen Rekord aufstellte: In seinen ersten 4 Bundesligaspielen blieb er ohne Gegentor – nie zuvor gelang dies einem Torwart. Die Viererkette ist gefestigt und lief in allen 5 Spielen geschlossen auf. Rechts verteidigt Kapitän Miso Brecko, der ein gutes Beispiel für das Kölner Spiel ist: Defensiv absolut verlässlich, aber vorne weder für Flanken, noch für Kombinationen zu gebrauchen. Die Innenverteidigung ist Stögers Prunkstück. Domincic Maroh spielt meist auf der rechteren Position und überzeugt mit der Erfahrung aus 61 Bundesliga- und 85 Zweitliga-Einsätzen für Nürnberg und Köln. Er ist somit auch eine große Unterstützung für seinen Partner Kevin Wimmer. Den 21-Jährigen hatte vor der Saison kaum einer auf dem Zettel, er weiß durch starkes Stellungsspiel und einen guten Spielaufbau zu überzeugen. Jonas Hector spielte bereits letztes Jahr eine starke Zweitliga-Saison und überzeugt auch in der Bundesliga. Anders als Brecko kommen von ihm auch viele Impulse nach vorne, er erinnert mit seiner athletischen Spielweise leicht an David Alaba. Vor der Viererkette setzt Trainer Stöger auf Matthias Lehmann und Neuzugang Vogt, der nach dem ersten Spieltag Adam Matuschyk verdrängte. Lehmann ist fast schon ein Haudegen in der jungen Kölner Elf, der 31-Jährige bringt viel Erfahrung mit, die auch Nebenmann Vogt in seiner Entwicklung hilft. Durch die defensive Ausrichtung beider Spieler fehlt allerdings der Impuls für die Offensive komplett.

Etwas variabler stellt Stöger in der Offensive auf: Risse, Osako, Halfar, Peszko und Olkowski bekleiden die Positionen in der Reihe hinter der Spitze. Wie bereits gesagt, es fehlt an Durchschlagskraft – wenn, dann weiß allerdings Ex-Mainzer Marcel Risse zu überzeugen, der gerne von außen in die Mitte zieht. Halfar auf der anderen Seite hat einen guten Schuss, ist aber im Endeffekt zu abschlussschwach. Dasselbe gilt für Osako, der auch körperlich Nachteile hat. Im Spiel gegen Mönchengladbach lief viel über Olkowski, der zum ersten Mal auf der rechten Seite starten durfte – in der einen entscheidenden Szene zögerte aber auch er zu lange. Im Sturm fehlt den Kölnern ganz klar Patrick Helmes, der mit einem Knorpelschaden nicht vor Mitte Oktober wieder zurück sein dürfte. Anthony Ujah fehlt es für die Bundesliga an Technik, dass er abschlussstark ist, zeigte er bei seinem Treffer gegen den VfB am zweiten Spieltag. Neuzugang Zoller, der in einem möglichen 4-4-2 neben Ujah spielt, muss wie gesagt erst in der Bundesliga ankommen, er braucht vor allem Zeit auf dem Platz.

Das gewisse Etwas

…ist im Kölner Kollektiv schwer auszumachen. Die gesamte Defensivarbeit der Verteidigung im Verbund mit den defensiven Mittelfeldspielern ist am ehesten herauszuheben. Kein Team konnte sich gegen den 1. FC Köln bisher eine Vielzahl an Torchancen herausspielen und das Tor von Timo Horn wirklich dauerhaft in Gefahr bringen. Lediglich Hannovers Kiyotake und Joselu fanden eine Lücke. Die Kommunikation zwischen den Mannschaftsteilen ist herausragend, hier ist Matthias Lehmann der entscheidende Faktor. Er lenkt das Spiel, dabei fehlen ihm, wie erwähnt, nur die Offensivaktionen. Wimmer und Maroh bestechen zudem mit einem guten Spielaufbau, es hapert nur daran, dass Risse und Co. aus den guten Zuspielen zu wenig machen. Für den FC Bayern wird es daher ein schweres Spiel. Auch wenn die Kölner keine Kontermannschaft sind, sie verdichten den Raum vor dem Strafraum gut, was für wenig Platz sorgen dürfte. Positiv fällt auch die Ruhe auf, die der Verein und das Umfeld ausstrahlt. Stöger und Schmadtke haben den Rheinländern zu mehr Realismus verholfen, ob der auch in der Erfolgs- oder Krisensituation bleibt, wird sich zeigen.

Prognose

Der 1. FC Köln wird mit dieser Defensive nicht absteigen, so viel steht fest. Wenige Gegentore sind der Schlüssel zum Erfolg als Mittelfeldmannschaft. Allerdings sollte sich Stöger dringend um mehr Konzept in der Offensive kümmern, hier fehlt es schlicht an Torchancen. Mit Helmes kommt in einigen Wochen ein Vollstrecker zurück, der helfen kann und wird. Gegen den FC Bayern dürfte am Samstag eine Abwehrschlacht anstehen. Hier gilt die alte Regel: Je länger der „Effzeh“ kein Gegentor kassiert, umso mehr steigen die Chancen auf einen Punktgewinn.

Zusätzlich zu unserer Vorschau sprach Jan mit Effzeh.com über Rotation, die Favoritenrolle und den 1. FC Köln im Allgemeinen.