Vorschau: Unbehagen mit Shakhtar Donezk

Christopher Trenner 16.02.2015

Vor der Partie steht indes die UEFA in der Kritik, da sie eine Banneraktion von Flüchtlingen aus der Ostukraine verhindern will.

Personelle Situation

Die aktuelle Form und taktische Einstellung ist schwer zu beurteilen, da die ukrainische Liga noch bis zum 28. Februar pausiert. Die Spieler haben sich im Gegensatz zu den früheren Jahren nicht ausschließlich in Spanien auf die zweite Hälfte der Saison vorbereitet, sondern zunächst in Brasilien. Die PR-Tour war geprägt von langen Reisestrecken und Temperaturunterschieden von bis zu 60 Grad. Mitte Januar verlor Donezk unter anderem gegen Atletico Mineiro mit 4:2. Neben einer weiteren Niederlage gegen Bahia gab es in Brasilien zwei Unentschieden und nur einen Sieg gegen Internacional. Der Trainer der Ukrainer, Mircea Lucescu, bezeichnete angesichts des zerstückelten Trainingsplans im Kicker die Vorbereitung als „schlechten Witz“. Erst das zweite, abschließende Trainingslager fand wie gewohnt in Spanien statt. Dort gewann Shakhtar gegen den spanischen Erstligisten UD Almería mit 3:1. Allerdings hatte der abstiegsbedrohte Klub aus dem Süden Spaniens überwiegend auf Reservespieler gesetzt. Gewonnen wurde auch gegen den Drittligisten Real Murcia. Die letzte Partie endete vor 9 Tagen 2:1 gegen den dänischen Klub Aalborg BK.

Die Mannschaft von Lucescu muss wohl auf den Brasilianer Bernard verzichten. Er laboriert an einer Knöchelverletzung. Bernard war Teil der WM-Mannschaft 2014 und stand auch beim Spiel gegen Deutschland auf den Platz. Er reiste gar nicht erst mit von Kiew nach Lviv. Zusätzlich fehlt Stepanenko wegen einer Gelbsperre. Ansonsten kann Shakhtar Donezk weitestgehend aus dem Vollen schöpfen. Auch der aktuell Führende in der Champions-League-Torjägerliste Adriano ist dem Verein erhalten geblieben und kann am Dienstag auflaufen. Um ihn gab es Gerüchte, er könnte zum AS Rom wechseln. Doch die Römer zogen es vor, Seydou Doumbia von CSKA Moskau zu verpflichten.

Aufstellung/Umstellungen

Die Aufstellung von Shakhtar Donezk lässt sich in zwei Teile zerlegen. Vorne spielen die brasilianischen Superstars: Adriano, Teixeira, Taison, Bernard, Douglas Costa und Fred. Hinten im Maschinenraum die Ukrainer Kucher, Rakytskyy, Shevchuk und der kroatische Kapitän Srna. Typischerweise treten die Ukrainer in einer 4-2-3-1/4-3-3 Grundformation an, wobei der Fokus auf der Offensivreihe Bernard–Teixeira–Taison liegt. Alle Brasilianer im Dienste von Shakhtar Donezk sind besonders stark im Dribbling und ziehen ihren Vorteil aus einer guten bis sehr guten Sprintfähigkeit. Dabei zeigte sich Shakhtar als besonders stark im Abschluss. Für 15 Tore brauchten sie nur 70 Torschüsse. Der FC Bayern brauchte für 16 Tore stattliche 123 Versuche. Zudem ist vor allem der offensive Teil der Mannschaft äußerst sicher im Passpiel. In der Vorrunde kam Donezk auf 87,66% Passquote. Ein Wert der nur minimal schlechter ist als die 91% des FC Bayern. Angesichts der beschriebenen Stärken ist daher nicht überraschend, dass Lucescu zumindest in der Königsklasse verstärkt auf das Konterspiel setzt. In der Gruppe setzte sich Donzek als Zweiter gegen Porto, Bilbao und BATE durch.

Das gewisse Etwas

Kein Christiano Ronaldo, kein Messi, kein Ibrahimovic. Luiz Adriano führt aktuell die Torjägerliste in der Champions League an. Mit neun Treffern aus fünf Spielen hat er mehr Tore als Ronaldo und Neymar zusammen. Gerade ein mal 449 Minuten stand er hierfür auf dem Platz. Unvergessen bleibt das Spiel am 21.10.14 – zeitgleich zum 7:1 Sieg der Bayern in Rom – schoss Adriano fünf(!) Tore gegen BATE Baryssau. Er egalisierte damit den bisherigen Rekordhalter Messi, der mal gegen Bayer Leverkusen fünf Tore in einem Spiel erzielte. Das Momentum liegt also beim Brasilianer, wobei drei seiner Tore Elfmeter waren und er acht Tore gegen das völlig überforderte BATE Baryssau erzielte. Der Klub aus Weißrussland schied mit 2:22 Toren aus der Vorrunde aus.

Prognose

Das unwirkliche Spiel in Lviv, welches übrigens von München weniger weit entfernt ist als von Donezk, kann die politischen Verhältnisse und die Geschichte, die gerade in der Ukraine neu geschaffen wird, nicht ausblenden. Zu unwirklich ist die gesamte Situation. Sportlich muss der FC Bayern das Geschehen drumherum dennoch so gut es geht aus den Köpfen bekommen. Entscheidend wird sein, wie gut Donezk den Rost aus fast 3 ½ Monaten spielfreier Zeit abschütteln kann. Die Testspiele waren allesamt nicht berauschend. Ein Statement-Sieg fehlte. Alle Gegner in Spanien waren deutlich unter dem Niveau der Ostukrainer. Der FC Bayern indes muss das gewonnene Selbstvertrauen aus dem Spiel gegen den HSV mitnehmen. Ein wirklicher Gradmesser nach dem holprigen Rückrundenstart war das Spiel gegen den Nordklub nicht. Ein Kriterium wird sein, wie dem FC Bayern die Konterabsicherung gelingt. Vor allem gegen Wolfsburg gab es deutliche Defizite. Auch nicht gänzlich unerwähnt bleiben die äußeren Umstände in Lviv. In der Nacht werden bis zu -12 Grad vorausgesagt. Zum Anpfiff, Ortszeit 21:45 Uhr werden -8 Grad prognostiziert.